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Originalton + Regie


Ich halte das Credo des Originaltons hoch, damit die Zwischentöne, die Zartheit, die Wucht und die sexy Unsauberkeiten der menschlichen Stimmen im Film erhalten bleiben. Stimmen machen Stimmung und die kommt aus der Szene.

Ich mag authentische Filme, die unmittelbar daherkommen, die glaubwürdig sind und echte Emotion erahnen lassen. Dafür braucht es Energie, die sich aus der Präsenz der Schauspieler nährt, ihrer Verbindung mit der Umgebung, ihrer Wahrnehmung, hier und jetzt.

Sowohl am Set als auch auf der Leinwand: Ich schätze das. Und ich nehme zwar Ton auf, aber ich SEHE es, wenn die Energie da ist. Diese Energie wächst gut in in freier Emotion, unkontrolliertem Dialog, wo das Timing spontan ist und alle durcheinander reden, wo der Moment plötzlich minimale Lautstärke ergeben kann, hin geschluderte Wörter oder Brüllerei. Leben halt.

OK, technisch gesehen ist, was ich gerade beschreibe, ein worst-case Szenario für Originalton. Der braucht die einzelnen Silben, Wörter und Sätze sauber, einzeln von einander trennbar, jedes für sich dynamisch und kraftvoll frei stehend, damit sie im Schnitt, wo die Szene ihren Rhythmus erhält, neu zusammengesetzt werden können. Alle Geräusche, die einander bei der Aufnahme chaotisch überlagert haben, können in der Postproduktion nicht mehr voneinander getrennt, sprich nicht mehr verwendet werden. Damit Originalton bearbeitbar bleibt,  braucht er bei der Aufnahme kontrollierte Bedingungen.

Aber: Was ist dann noch sexy, wenn beim Drehen alles kontrolliert werden muss?

In diesem Spannungsfeld bewege ich mich als Tonmeister und treffe Entscheidungen. Versuche so viel wie möglich von der Energie des Sets zu erhalten und trotzdem die Verwendbarkeit des Tons zu gewährleisten. Letzteres ist mein Arbeitsauftrag.